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Übepause: Wiedereinstieg nach mehreren Wochen - Monaten - Jahren
Nach einer langwierigen Spielpause muss der Wiedereinstieg mit regelmäßigem Hornüben wohl dosiert erfolgen. Die Lippenmuskulatur kann die erforderliche Lippenspannung nicht mehr wie gewohnt halten. Auch wird die Luftführung für einen vollen runden Hornton nur noch rudimentär funktionieren. Grund für eine Spielpause wird vielleicht der wohlverdiente ausgedehnte Jahresurlaub sein. Eventuell hat aber auch eine Krankheit den Hornisten zu einer langen Spielpause gezwungen.
Das Problem des Wiedereinstiegs liegt in der ungewohnten Situation für den Hornisten. Er kennt sein eigenes Können. Die Tonqualität, der Tonbereich und die Ausdauer hatten vor der Spielpause ein gewisses Niveau erreicht. Diese Faktoren sind aber mit der Rückbildung des Lippenmuskels stark eingeschränkt. Einhergehend sind auch die Faktoren Musikalität, Flexibilität und Tonsicherheit nicht mehr produzierbar. Legt man in den ersten Tagen mit intensiven Übungen in der oberen Mittellage oder gar hohen Lage los, um zu testen was noch geht, läuft man Gefahr seinen Lippenmuskel zu schädigen. Alarmierend ist es, wenn die Lippenmuskulatur nach wenigen Tönen kraftlos versagt und lange Töne abbrechen, weil man die Lippenspannung nicht mehr halten kann. Die nachfolgende Gefahrenstufe ist erreicht, wenn ein picksender Schmerz an den Lippen spürbar wird. Bitte in diesem Fall das Hornüben für diesen Tag abbrechen. Das geschulte Ohr des Hornisten hört die "Dissonanz" zwischen dem gewohntem Können vor der monate langen Spielpause und dem Iststand nach der Spielpause. Der Versuch diese Dissonanz auszugleichen würde wohlmöglich in einer temporären Verkrampfung und dem Abbruch der Übeversuche führen.
Der Hornansatz muss nach einer langen Spielpause in den ersten Tagen behutsam an das regelmäßige Hornspiel heran geführt werden. Die Tonhöhe in den unten aufgeführten Übungen ist zunächst auf den Tonraum c bis g' begrenzt. Die Übungen erfolgen mit vielen Pausen zwischen den Noten und nach der Notenzeile. Die Pausen ermöglichen trotz mangelder Lippenkondition eine ausgedehnte Übezeit von anfangs 30-45 Minuten. Die Übungen sind konsequent in den abfolgenden Tonarten ausgeschrieben, obwohl der professionelle Hornist die Abfolge aus dem Kopf locker transponieren könnte. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass die ausgeschriebenen Tonarten mir ein strukturierteres Üben ermöglichen. Die Konzentration liegt dann mehr bei der Präzision der Tonerzeugung, als auf den Fingern oder die strukturierten Übefolge einzuhalten. Die ausgeschriebenen Pausen helfen im Eifer sich nicht zu überfordern. Ich würde mir streckenweise sogar ein Metronom anschalten, um den Startimpuls der Töne von außen zu erhalten.
Ich empfehle die Übungen auf einem F-Horn bzw. dem F-Horn-Teil des Doppelhorns zu spielen, weil so eine korrekte Luftführung erzwungen werden kann. Die korrekte Luftführung ermöglich einen vollen runden Hornklang und saubere Intonation. Mangelhafte Luftführung erzeugt gnadenlos eine schlechte Tonqualität und Kickser. Wenn auf dem F-Horn die Töne mit vollem Klang und sauberem Anstoß gelingen, wird später das B-Horn bzw. Doppelhorn sauber und sicher klingen. Nach zwei oder drei Tagen mit 4-6 Übe-Einheiten wird sich der Erfolg einstellen. Der Ansatz wird sich zunehmend regenerieren. In der ersten Woche sollte die Tonhöhe das c" nicht oder nur kurzzeitig übersteigen. Ausdauer und Können wird wieder wie vor der Übepause hergestellt. Alles was man beim Hornspiel einmal gelernt und gefestigt hast, ist im Kopf gespeichert und wird nach und nach wieder abrufbar sein. Ab dem dritten oder vierten Übetag kommen einfachste Etüden, Melodien und Lieder hinzu. Musiziere nur einzelne Phrasen und nach einer Pause wiederhole mehrfach dieselbe Phrase. Spiele alle Phrasen bewust und ruhiger als gewohnt. Literaturliste mit einfachen Hornübungen:
Nachdem man sich ab dem sechsten Übetag mit den einfachen Anfangs-Übungen eingespielt hat, kommen nun Tonleitern und Akkorde über eine Oktave als Übung hinzu. Auch z.B. Kopprasch: 60 Etüden Nr. 3, 8, 10 sind Beispiele - aber immer nur Phrasen mit 1-2 Takten spielen. Dann das Horn absetzen und die gleiche Zeitdauer pausieren. Wenn die Übungen mit den Pausen erfolgreich laufen, kann man die Phrase auf 4, 8 oder 12 Takte erweitern. Aber immer zwischen den Phrasen die gleiche Zeitdauer pausieren. In der zweiten Übewoche wird man zunehmend wieder ein sicheres Blasgefühl erwerben. Stück für Stück wird man seinen Ansatz mehr fordern können. Die sanfte Herangehensweise bringt auch Sicherheit, welche Übeintensität für einen selbst angemessen ist. Ein leichtes kribbeln in den Lippen zeigt eine gesteigerte Durchblutung der Lippenmuskulatur an. Jede Art einer Verkrampfung muss nach wie vor als Warnsignal zur Reduzierung der Übung und Ausweitung der Pausen wargenommen werden. Die Pausen zwischen zwei Übephrasen können sich gut an der Länge der Phrase orientieren. 1 Takt Phrase - 1 Takt Pause - 1 Takt Phrase - ... Wenn beim Üben die Tonhöhe keine extreme Tonlage erreicht wird man mit dieser Herangehensweise bereits an den ersten Tagen mehrmals 30 bis 60 min Üben können. Nach wenigen Wochen ist die frühere Ausdauer und Tonumfang wieder erreicht. (ggf. auf dem Link rechte Maustaste klicken - Ziel speichern unter...) Ich freue mich über Feedback ! Kritik und Ergänzungen sind Wichtig ! Ergänzend hier ein paar Tipps zum Wiedereinstieg von Hans Pizka für Hornisten, die sofort bis c" bzw. e" einsteigen können. |
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